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Risiken beim Einsatz von Vlies im Reitboden

Synthetische Zuschlagstoffe (vor allem Vlieshäcksel und Vliesfasern) sind in den letzten Jahren zum Standard im Reitplatzbau geworden. Doch kritische Stimmen mehren sich. Darum wollen wir über Risiken aufklären:

Inhaltsverzeichnis

Baugenehmigung oft nur noch ohne Vlies möglich

Reitanlagenbetreiber aus ganz Deutschland berichten uns, dass es immer öfter zur Auflage gemacht wird, keine synthetischen Zuschlagstoffe im Reitboden einzusetzen. Die Baugenehmigung für den Reitplatz oder Reithallenboden wird unserer Erfahrung nach gerade in NRW mit dieser Auflage verknüpft.

Prüft also am besten von Anfang an, ob Ihr laut Baugenehmigung für Euren Reitboden Vlies o.ä. einsetzen dürfen.

Dazu seid Ihr als Reitplatzbetreiber sogar verpflichtet. Ebenso muss eine Abklärung mit der Wasserbehörde zum  Einsatzes erfolgen.

Auswirkungen auf die Umwelt

Der Austrag von Mikroplastik über Reitplätze in die Umwelt wird vermehrt Gegenstand politischer und auch wissenschaftlicher Diskussionen.

Wir haben das mal ausgerechnet: Der geschätzte Wert für Mikroplastik Austrag aus Reitplätzen liegt bei nur 0,03% der insgesamt in Deutschland verursachten Menge. Hierzu haben wir Daten des Fraunhofer-Institut UMSICHT ausgewertet.

Als Reitplatzbetreiber muss man sich daher die Frage stellen:
Wollen wir vor dem Hintergrund des Makro- und Mikroplastik Eintrags in die Umwelt synthetische Materialien in der Tretschicht einsetzen?

Rechtliche Regelungen gibt es nach unserem Kenntnisstand (02/2024) nicht. Jedoch sollte beachtet werden, dass auf EU-Ebene bereits ein Vorschlag kursiert, der den Einsatz von Produkten verbieten soll, die Mikroplastik enthalten bzw. es in die Umwelt abgeben können.

Mit dem Einsatz von Vlies im Reitboden geht Ihr daher unserer Einschätzung nach durchaus ein rechtliches Risiko ein (wir können und dürfen keine Rechtsberatung übernehmen – dies spiegelt lediglich unsere Meinung als Reitplatzbauer wieder).

Im LANUV Arbeitsblatt 53 „Kunststoffhaltige Tretschichten auf Reitplätzen“ heißt es:

„Wenn Kunststoffe in Tretschichten auf Reitplätzen verwendet werden sollen, sind die möglichen nachteiligen Auswirkungen […] zu minimieren. Dabei ist die Verteilung von Kunststoffen als Makro- und Mikroplastik […] durch weitestgehend geeignete Maßnahmen zu verhindern.“

Ferner heißt es:

„Der Reitplatzbetreiber ist dabei für die effektive Umsetzung der Maßnahmen verantwortlich.“

Wir möchten daher an dieser Stelle unterstreichen, dass wir keine Haftung und Verantwortung für die Einhaltung der Maßnahmen übernehmen. Die Entscheidung für den Einsatz von Vlieshäcksel u.ä. obliegt Euch ebenso wie die Beachtung und Inkaufnahme dann geltender Regeln und Gesetze.

Aus unserer Sicht praktikable Tipps zur Vermeidung von Mikroplastik Austrag liegen in diesen Maßnahmen:

  • verlegen einer Reitplatzumrandung mit mindestens 20cm Höhe (besser noch 25cm). In der Praxis werden Reitschichten mit 8-10cm Stärke eingebaut. Vermieden wird der Austrag synthetischer Zuschlagstoffe aber nur, wenn der Hufschlag regelmäßig planiert wird
  • Reinigen des Reitplatzplaners nach dem Schleppen mit Besen oder Bürste. Dadurch kann bereits einiges an Austrag vermieden werden
  • Hufe auskratzen auf der Fläche nach dem Reiten
  • Zusammenfegen von Resten, die meist am Ein- und Ausritt entstehen, und sammeln in einem Behälter
  • in der Praxis oft nicht umgesetzt – aber in mehrfacher Hinsicht eine wichtige Empfehlung: systematisches feucht halten der Tretschicht

Gesundheitliche Aspekte für Mensch und Pferd

Das Thema möglicher gesundheitlicher Beeinträchtigung von Reitern und Pferden ist in den letzten Jahren branchenweit heftig diskutiert worden. Teils in unsachlicher und meinungsgeprägter Weise.

Stand 02/2024 gibt es keine uns bekannten Studien, die Belegen ob synthetische Zuschlagstoffe Krankheiten beim Pferd verursachen.

Diskutiert wird aber viel über das Thema. Vermutet auch. Doch bisher eben nicht nachgewiesen.

Dennoch solltet Ihr Euch fragen: Will ich wirklich ein potenzielles Risiko der Gesundheitsgefährdung von Reiter und/oder Pferd eingehen?

Denn am Ende liegt auch hier due Verantwortung bei Euch als Stallbetreiber.

Auch vermuten wir, dass es – alleine schon durch die verminderte gesellschaftliche Akzeptanz künstlicher Produkte – künftig vermehrte Rechtsstreitigkeiten zwischen Pferdebesitzern und Reitplatzbetreibern geben könnte. Erste Stories dazu kursieren bereits.

Grundsätzlich muss aber auch erwähnt werden, dass es auch zu biologisch abbaubaren Zuschlagstoffen keine wirkliche Forschung, statt dessen aber kontroverse Meinungen, gibt.

So wird z.B. bei Hackschnitzeln (Reiterspäne) immer wieder hinterfragt, wie hoch die Belastung durch Pilzsporen und Bakterien ist.

Das gilt im Übrigen auch für das von uns getestete Produkt jute. Wir stellen hier eine höhere Staubentwicklung fest.

Das führt auch zum wesentlichen Punkt, in dem sich Tierärzte, Wissenschaftler, Reitplatzbauer und Reitplatzbetreiber weitestgehend einig sind:

Eine regelmäßige Bewässerung ist das A und O!

Wasser bindet Staub und verhindert somit mögliche, gesundheitliche Risiken durch synthetische Zuschlagstoffe, Quarzstäube, Pilzsporen usw. erheblich.

Entsorgung von synthetischen Tretschichten

Die Entsorgungskosten von synthetischen Zuschlagstoffen nimmt erfahrungsgemäß in der Kalkulation eines Reitplatz keine Rolle ein. Doch beim Einsatz von Vlieshäcksel, Vliesfasern oder auch Teppichschnitzeln können teils erhebliche Entsorgungskosten auf Euch zukommen!

Zum besseren Verständnis muss man als Stallbetreiber wissen, dass die heute meist eingesetzten Vlies-Zuschläge aus den Resten anderer Produktionen stammen.

Daher handelt es sich dabei meist um Abfälle im Sinne des Kreislaufwirtschaftsgesetztes.

Ganz direkt gesagt seid Ihr mit einer Reitsand-Vlies-Tretschicht dann Besitzer von Abfall. Das heißt, Ihr unterliegen den Regeln und Pflichten der Kreislaufwirtschaft und der ordnungsgemäßen Abfallentsorgung.

Da gilt es sich zu fragen:

  • Möchte und kann ich mich den geltenden Regelungen unterstellen?
  • Wie wirken sich Entsorgungskosten betriebswirtschaftlich auf meine Reitplatz-Kalkulation aus?

Wir betrachten das Thema aktuell so (Kein geltendes Recht, sondern nur unsere Meinung):
Gute Reitböden halten – je nach Pflege und Nutzung – zwischen 8 und 15 Jahren. Dazu gehören auch Vlieshäcksel. Aus unserer Sicht werden Reitplatzbetreiber die synthetischen Zuschlagstoffe aus dem Reitsand heraustrennen müssen. So kann einerseits der verbleibende Sand weitergenutzt oder entsorgt werden und andererseits die synthetischen Stoffe fachgerecht entsorgt werden.

Nach unserer Kenntnis arbeiten mehrere Personen/Gesellschaften an Maschinen, die genau dies leisten können. Eine Maschine soll bereits marktfähig sein.

Selbst wenn stark davon auszugehen ist, dass bei einem Reitplatz Neubau heute die Zeit bis zur Entsorgung lang genug ist, damit solche Maschinen am Markt sind – werden auch diese natürlich Geld kosten.

Wie viel muss man sehen. Aber Fakt ist:

Die Entsorgung eines Reitbodens mit Vlies wird Euch definitiv Geld kosten. Und Ihr seid für die fachgerechte Entsorgung voll verantwortlich.

Warum wir Vlies trotzdem einsetzen

Nun haben wir intensiv die Schattenseiten des Einsatzes synthetischer Zuschlagstoffe beleuchtet. Zur Wahrheit gehört aber auch, dass wir Vlies & Co. verkaufen.

Concept setzt seit Jahren nur Vlieshäcksel und Fasern des wohl weltweit führenden Herstellers ein, der uns z.B. die einzig uns bekannte Feinstaub- und Aldeyhd-Unterschung seiner Produkte geben konnte. Diese wurde in der Reithalle, also in der Praxis durchgeführt. Mit einwandfreien Ergebnissen.

Zudem sind die Materialien sortenrein und streng geprüft.

Mal ehrlich: Was wir hier wöchentlich an Proben von ausländischen Herstellern bekommen, ist teils hanebüchen! Da kann man dann nur von Sondermüll sprechen. Doch das von uns eingesetzte Vlieshäcksel entspricht unserer Überzeugung nach der höchsten Qualität.

Letztlich ist die Entscheidung für Vlies im Reitplatz einfach auch eine wirtschaftliche. Reitställe müssen wirtschaftlich denken und leben. Vlies ist einfach der günstigste Zuschlagstoff, um Reitböden zu verbessern (solange man die Entsorgung nicht einrechnet!).

Unser Fazit zum Thema Vlies im Reitboden

Wir haben versucht uns so intensiv wie möglich mit dem Thema auseinanderzusetzen.  Dabei wollten wir alle Seiten und Aspekte fair und neutral beleuchten.

Da wir unseren Firmensitz selbst auf einer Reitanlage haben, betrachten wir das Thema auch aus der praktischen Sicht des Stallbetreibers. Unsere Erkenntnisse sind daher:

1.   die Diskussion über Gesundheitsgefahren halten wir für übertrieben. Es wurde kein Nachweis erbracht. Teils wird die Diskussion so absurd, dass sogar die Feinstaubbelastung in Ställen zum Thema wird. Da fragt man sich als Pferdehalter und Freund: Wie sollen wir dann überhaupt noch Tiere halten? Es ist gut, richtig und wichtig unsere Pferde zu schützen. Doch sollten wir dabei ein gesundes Maß halten. 

2.   die Umwelt ist immer zu schützen. Ob die 0,03%, die angeblich durch Reitplätze zum Mikroplastik in Deutschland beigesteuert werden, wirklich relevant für mehr Umweltschutz sind, muss jeder für sich entscheiden. Wir persönlich sind aber der Meinung: Wenn es umweltfreundliche Alternativen gibt, dann würden wir sie immer wählen (und wir haben mit concept Q Nature oder auch dem Zuschlagstoff jute ebensolche Alternativen im Progamm).

3. die Entsorgungskosten gehören in jede Reitplatz-Wirtschaftlichkeitsberechnung. Alleine wegen der zu erwartenden, hohen Kosten sind organische, biologische und entsorgungsfreie Alternativen eine Option.

4. die Meinung der Einstaller/Nutzer sollte einbezogen werden: Für jeden wirtschaftlich arbeitenden Reitbetrieb und Reitverein gilt natürlich auch die Frage: Was wollen meine Nutzer*innen? Hier kann sich die offene Diskussion mit der Stallgemeinschaft lohnen. Jeder Reitstall wird hier zu anderen Ergebnissen kommen.

5. die Wirtschaftlichkeit muss gegeben sein. Fakt ist, dass Stand heute Vlieshäcksel und Vliesfasern die günstigsten Zuschlagstoffe sind. Der Einkaufspreis liegt 40-75% unter dem Preis biologischer Alternativen. Die Haltbarkeit ist oft 3-5x so hoch! Dem entgegen stehen oft unbekannte Entsorgungskosten.

6. die Reiteigenschaften können auf vielfältige Wege erreicht werden. Wir testen auf der Reitanlage unseres Firmensitzes intensiv verschiedenste Varianten und können sagen: Scherfestigkeit und Elastizität müssen heute nicht mehr über Vlies erreicht werden! Zum einen erreichen gute Reitsande wie Nordsand und unsere concept Q Reitsande optimale Eintrittstiefen. Zum anderen können z.B. auch über jute oder Holz-Sticks die gewünschten Reiteigenschaften erreicht werden.

Zu guter Letzt:

Wir hoffen, dass wir Euch einen guten, verständlichen Überblick über das Thema synthetische Zuschlagstoffe in Reitplatz und Reithallenboden geben konnten.

Wir möchten erwähnen, dass wir als Reitplatzbauer keinerlei Haftung für die oben genannten Risiken übernehmen, die sich für Euren Stall aus dem Einsatz von Vlies & Co. ergeben. Wir bieten die Produkte dennoch an, da wir um die wirtschaftliche Notwendigkeit wissen und zunächst konkrete Forschung abgewartet werden muss.

Darüber hinaus sind wir keine Juristen und können keine Rechtsberatung vornehmen. Dieser Artikel spiegelt unsere Meinung und den Kenntnisstand im Februar 2024 dar.

Video zum Thema